OLYMPIA TOKIO 2020
Olympia war eine mentale Herausforderung. Aber jetzt verfolge ich meinen nächsten Traum: eine Weltmeisterschaft im eigenen Land.
SEE YOU Bern 2023
„Es gibt Zeiten des Kampfes und Zeiten des Triumphes - und man kann sich nicht immer aussuchen, wann man von einer zur nächsten springt“
Eine Woche nach meinem Auftritt an den Olympischen Spielen in Tokio hadere ich noch immer mit meiner Enttäuschung. Aber ich weiss, dass ich auch diese Herausforderung meistern werde.
Als ich Kate Courneys Aussage über ihre Erfahrungen bei den Olympischen Spielen las, konnte ich mich in sie hineinversetzen. Doch je länger ich an diesem Text arbeite, desto mehr merke ich, dass viele der Gefühle bereits nachlassen.
„Je heller das Scheinwerferlicht, desto stärker die Dunkelheit, die in seinem Schatten liegt. Als ich von meinen ersten Olympischen Spielen in Tokio nach Hause zurückkehre, kann ich nicht anders, als zu spüren, wie das Scheinwerferlicht verschwindet und die tiefe Dunkelheit an seine Stelle tritt.“ (Kate Courtney, Washington Post, 6.8.21)
Zurück in der Schweiz, kann ich dieser Aussage zu gut nachempfinden. Ich habe so was noch nie erlebt. Ich bin jemand, die immer das Positive sieht & die sich immer an den positiven Punkten orientiert und nach vorne schaut. Jetzt zum ersten Mal, bin ich mit einer überwältigenden emotionalen Achterbahn konfrontiert. Mit der wiederkehrenden Enttäuschung und offenen Fragen und Zweifeln.
Tokio war seit 2017 mein grosses Ziel und mein Orientierungspunkt. Mit der Qualifikation bekam ich die Chance, das zu machen, was ich liebe. Klettern und Trainieren. Ich habe mein ganzes Leben meiner Leidenschaft ausgerichtet und angepasst. Ich habe mich dem Abenteuer mit jeder einzelnen Faser hingegeben und mein Bestes versucht. Jedes harte Training, jeder Rückschlag und jedes erreichte Teilziel war Teil eins grösseren Ganzen. Es stärkte mein Vertrauen, mein Glaube und meine Motivation. Das Ziel Tokio gab mir die Energie, um die Extrameile zu gehen. Als ich schliesslich in Tokio ankam, fühlte ich mich bereit und gut vorbereitet. Voller Vorfreude und Dankbarkeit ging ich an den Start.
Mit den Olympischen Spielen 2020 geht nicht nur ein Kapitel in meiner Karriere zu Ende, sondern ein neues Kapitel beginnt. Auch wenn es mich zwischenzeitlich in freier Luft schweben lässt, bilden sich bereits neue Ziele. Seit meiner Kindheit war ich noch nie in der Position, kein konkretes Ziel zu haben und nicht das nächste Abenteuer bereits geplant zu haben. Im gleichen Moment, wo ich damit kämpfe, weiss ich auch, dass ich dies jetzt auch brauche. Einige Tage, wo ich Zeit für mich habe und alles verarbeiten und aufarbeiten kann. Viele Leute haben mich gefragt, wie es weiter geht. Ich selber zerbreche mir den Kopf darüber, was ich will, soll und kann. Grosse Fragen, die mich überwältigen und ich weiss, dass ich diese in diesem Moment nicht 100% beantworten kann. Der Schmerz und die Enttäuschung sind noch zu gross und die Wunde noch zu frisch. Aber ich weiss, dass es noch nicht fertig ist!!
Es sind die Emotionen und die Geschichten der Athleten, die wir lieben und die uns in den Bann ziehen. Den Mut, alles aufs Spiel zu setzen und sich dem Risiko des Scheitern zu stellen. Aber wir leben nicht in einem Märchen und es können nicht alle ein Happy End erleben. Dass es Sieger geben kann, braucht es auch die Verlierer.
„Während ich meine Herausforderungen im Zusammenhang mit dieser Erfahrung meistere, werde ich daran erinnert, dass es Zeiten des Kampfes und Zeiten des Triumphes gibt - und dass man sich nicht immer aussuchen kann, wann man von einer zur nächsten springt.“ (Kate Courtney)
Aber man kann sich aussuchen, wann man aufsteht und weitergeht. Man kann selbst entscheiden, was man daraus macht. Denn auch aus Scherben können wunderschöne neue Kunstwerke entstehen. Es beginnt mit einem ersten Schritt. Die Krone richten und den Kopf erheben — vorwärtsschauen. Diese Entscheidung kann einem niemand abnehmen. Ich weiss, meine Familie und Freunde sind da, um mir die Hand zu reichen und zu Unterstützen! Die Entscheidung liegt bei mir, diese anzunehmen!
Meine Erfahrung hat gezeigt, egal wie gross eine Niederlage oder die Enttäuschung ist. Sobald man weiterschläft, neue Ziele setzt und einen Plan hat, schaut man mit einer gewissen Dankbarkeit auf das Erlebte zurück. Diese Spiele waren nicht der goldige Moment für mich, aber trotzdem ein unglaubliches Erlebnis, das ich in meinem Herzen tragen werde. All die Erfahrungen, die ich in den vergangenen Jahren mitnehmen durfte, all die Freundschaften, die entstanden sind und all die unglaublichen Trainingsmomente. All das ist Teil dieses Kapitels, Teil meiner Reise und meiner Geschichte.
Olympia war für mich eine grosse mentale Challenge. Aber jetzt ist es Zeit, einen neuen Traum – ein Kindheitstraum – zu verfolgen!! Heim Weltmeisterschaften Bern 2023!!